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bedeutendste Fluß der Provinz; sie durchzieht aber nur auf eine kurze
Strecke den nordöstlichen Theil in der Richtung von Süden nach Norden.
Folgende Nebenflüsse des Rheines haben ihre Quelle in der Pro-
vinz: die Lahn, die Sieg, die Ruhr und die Lippe. Außerdem
entspringt noch in der Provinz die Ems, welche den nördlichen Theil
des Regierungsbezirks Münster von Südosten nach Nordwesten durchfließt.
Wegen des felsigen Bodens in den Gebirgsgegenden und
wegen des vielen Sandes, der Heiden und Moräste in den Ebenen
ist die Fruchtbarkeit Westphalens sehr verschieden. Aber wenn auch
nicht überall so sehr fruchtbares Kornfeld angetroffen wird, wie in
der Gegend von Münster und Paderborn, am Hellweg und in der
soester (spr. sohster) Börde, so fehlt es im Ganzen doch nicht an
den gewöhnlichen Erzeugnissen des Ackerbaues, und die fleißigen und
genügsamen Bewohner Westphalens befinden sich bei ihrem schwarzen
Brod, Pumpernickel genannt, gesund und zufrieden. In der Gegend
von Bielefeld wird viel Flachs gezogen und verarbeitet, und biele-
felder Leinwand ist weit und breit bekannt und beliebt. In andern
Gegenden lebt der Landmann mehr von der Viehzucht, und von dm
zahlreich gezogenen Schweinen kommen die berühmten westphälischen
Schinken. Der südliche Theil der Provinz ist der Distrikt der
Fabriken, besonders in Metallwaaren. Da giebt es Thäler, in
denen sich Eisenhämmer, Schleifmühlen und andere derartige Ge-
bäude Meilen lang hinziehen. Denn das Mineralreich liefert Eisen,
Blei, Kupfer, Galmei, Kalk.und andere Steinarten, Stein-
kohlen in großer Menge, Torf und Salz. — Auch an mineralischen
Heilquellen — deren Wasser in gar vielen Krankheiten zum Trinken
und Baden benützt wird — fehlt es in Westphalen nicht. Die Bäder
zu Driburg und Lippspring waren schon in frühern Zeiten bekannt.
In der neuern Zeit aber ist das Bad Oeynhausen bei Rehme im
Regierungsbezirk Minden berühmt geworden. Bemerkenswerth sind die
Bohrversuche, welche hier angestellt worden find, um Steinsalz
aufzufinden. Bis zu einer Tiefe von 694™ ist man mit dem
Erdbohrer in die Erde eingedrungen. Steinsalz hat man zwar
nicht gefunden, aber die Mühe ist doch nicht unbelohnt geblieben; denn
aus dem Bohrloch sprudell eine warme Salzquelle hervor, deren
Heilkraft die Veranlassung wurde, dort im Jahre 1845 eine Bade-
anstalt zu errichten, welche immer mehr von Kranken besucht wird. —
In der Nähe des Bades Oeynhausen liegt die Saline Neusalz-
werk. Das bedeutendste Salzwerk Westphalens aber ist die Saline
Königsborn bei Unna; sie lieferte im Jahre 1854 über 6000 Lasten
Salz (1 Last sind 4000 Pfd.).
Münster, mit 25,000 Einwohnern — die größte Stadt West-
phalens — ist die Hauptstadt der Verwaltung, der Sitz des
Oberpräsidenten, eines katholischen Bischofs und eines evange-
lischen Konsistoriums. Zu den vielen Merkwürdigkeiten dieser Stadt
gehört der Saal auf dem Rathhause, worin im Jahre 1648 der jam-
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide]]
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Wie viel Staaten kennt ihr jetzt? — In welchem von diesen Staaten
wohnen wir? — Wer kann sie alle in der Reihenfolge aufzählen, wie wir sie
kennen gelernt haben? — Wie viel Kaiserreiche sind darunter? — Wie
•viel Königreiche? — Wie viel Grossherzogthümer? — Wie viel
Herzogthümer? — Wie viel Fürstenthümer? — Wie viel freie
Städte? — Wie heisst das deutsche Reichsland? — In der nächsten Stunde
sollt ihr diese Staaten nach der Reihenfolge dieser Fragen auszählen! —
Diese 27 Staaten bilden mit dem deutschen Reichsland zusammen em..großes
Land und zwar Deutschland. Zwei dieser Staaten: das Kaiserthum O st e r -
reich und das Fürstenthum Liechtenstein gehören nicht zu dem im Jahre 1871
wieder hergestellten „Deutschen Kaiserreich". Welche von den 27 Staaten
Deutschlands bilden also das „Deutsche Kaiserreich"? — Welche von diesen
Staaten liegen an der nördlichen Grenze Deutschlands? — An der west-
lichen? — Südlichen? — Östlichen?
Zeichnet jetzt Deutschland auf die Schiefertafel und sehet dalei besonders
auf die Gebirge, Hauptflüsse, Eisenbahnen, Staateneintheilung
und Hauptstädte!
Ii. Me Natur Deutschlands.')
1. Die drei Naturreiche.
Unübersehbar ist der Reichthum der Natur, den Gott über die
ganze Erde verbreitet hat, und auch Deutschland hat an Natur-
Produtten eine unzählbare Menge aufzuweisen. Die Natur-Produkte
sind — wie wir schon im vorhergehenden Lesebuche gelernt haben —
entweder Thiere, Pflanzen oder Mineralien.
Was sind Thiere? — Was Pflanzen? -— Was Minera-
lien? — Wie nennt man alle Thiere zusammen? — Wie alle
Pflanzen? — Wie alle Mineralien? —
A. Das Thierreich.
I. Säugethier e.
2. Das Pferd.
Vor allen Thieren zeichnet sich das Pferd aus. Edel und kräftig
steht es da; stolz trägt es das Haupt mit schön gewölbter Stirn und
Nase; klug und mild blickt es uns an aus dem runden, großen Auge,
das im Dunkel mit grünem Schein leuchtet. Mit den spitzen Ohren
spielt und lauscht es aufmerksam.
Die vorstehende freie Brust zeugt von dem Muthe, der in ihr
wobnt; schlank und glatt ist der Nacken, und um den gebogenen Hals
*) Auch die nun folgenden Lesestücke werden in ähnlicher Weise, wie dre vorhergehenden, «18
Material zu den Übungen im schriftlichen Ged ankenausdruck benutzt — mit Auswahl
— nach Zeit und Umständen.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Liechtenstein Deutschlands Deutschlands Deutschland Deutschlands Deutschland
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37. Der Flledersteauch.
Es giebt nicht viele Gewächse auf der Erde, die dem Menschen so
nützlich wären, als der Flieder, dessen grünes Blätterdach mit den
blaßgelben, reichblüthigen Trugdolden uns so oft in der Nähe der
Dörfer, hinter Mauern und Zäunen, entgegenschimmert. Die in der
Jugend grüne, im Alter graue und rissige Rinde, so wie die Blätter
gebraucht man zum Färben, das alte gelbe Holz benutzt der Drechsler
zu allerlei niedlichen Arbeiten,,, und ihr alle wißt, wie nette Knallbüchsen
sich aus den ausgehöhlten Ästen anfertigen lassen. Wird man von
Kopfweh geplagt, so thut ein Umschlag von frischen Blättern des Flie-
ders nicht selten die besten Dienste, und bei Erkältungen ist kaum etwas
besser geeignet, wohlthätigen Schweiß zu erzeugen, als der Genuß des
Fliederthee's oder des Fliedermußes, welches letztere man aus den
reifen schwarzen Beeren bereitet. Der Apotheker gebraucht außerdem
die Wurzel und die innere Rinde der jungen Zweige, und in Schwa-
den tauchen die Leute die ganze Blüthendolde in einen Mehlteig und
verspeisen sie als „Holderkuchle". Summa: es ist nichts am Flieder-
strauch, was nicht der Mensch benutzen könnte, und darum darf es uns
nicht wundern, daß den alten Wenden der Fliederstrauch heilig war.
Auch können wir wohl den Worten jenes narurkundigen Mannes Bei-
fall schenken, der da sagte: „Vor wvem Fueoerstrauche sollte man die
Mütze abnehmen"'
38. Lob der Schönsten.
O Rose, öffne deinen Kelch Vollständig ist kein Blumenstrauß,
Damit wir Wunder seh'n! Bist du nickt auch oabei,
Mit Wohlgeruch bist du erfüllt, Und stnd's dre chönsten Blumen auch
Und dabei auch so schön. Von Farben allerlei
Du, Rose, prangst vor allen holo
In deiner Schwestern Zahl;
Dir gleichet nicht der stolze Mohn,
Das Veilchen nicht im Thal.
Doch hast du auch der Dornen viel,
Die schützen immer dich,
Und wenn ich einst dich pflücken will,
So stechen Dornen mich.
Iii. Kr
39. Die
Und weil du bist so hold und schön,
Sinkt alles vor dich hin
Und pflücket dich aus Lust und nennt
Dich Blumenkönigin.
Wie schön die Knospen um dich her,
Wie schön ein jedes Blatt!
O gütig, gütig muß der sein,
Der dich geschaffen hat.
(Rücksrt.)
a u t e r.
Blumen.
Unter allem, was der Frühling Schönes bringt, ist doch nichts so
schön, als seine Blumen.
Ich begreife nicht, wie man anders kann, als die Blumen lieben.
Wer nicht die Blumen liebt, muß noch nie eine Blume recht betrachtet
haben, oder es muß etwas in ihm sein, was ihn überhaupt der reinen
Liebe unfähig macht.
Welch ein unschuldiges, einfältiges, demüthiges, fröhliches Wesen in
den Blumen!
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
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chen, Buchfinken und Waldtauben, der Kukuk und der Wiede-
hopf, die Storche und die Reiher, — alle ziehen sie fort in ferne
Länder. Unterwegs begegnet wohl manchem ein Unglück, aber die meisten
kommen glücklich ans Ziel.
Und wenn nun die Sonne auch bei uns wärmer scheint — siehe!
da kommen sie wieder, weit, weit her zu uns. Jeder sucht seinen Ge-
burtsort wieder auf; und die Schwalbe findet ihr Nest wieder am Dache,
und die Nachtigall das Gebüsch, in welchem sie vor einem Jahre sang,
alle finden die Stätte wieder, wo sie damals fröhlich waren und be-
ginnen von Neuem ihre schönen Lieder.
Ja, das ist sehr wunderbar, und kein Mensch kann's erklären, wie's zu-
geht. Wenn die Vögelchen sprechen könnten, so würden sie's wohl sagen.
21. Der Vöglein Abschied.
Wer klappert am Dache, mein Kindlein? horch, horch!
Ade, lieber Bauer! so rufet der Storch.
Nun, ade denn, du Dorf und ihr fleißigen Leufl,
Ihr Wiesen, ihr Sümpfe, wir scheiden ja heut'.
Gott segne das Hüttchen, auf dem wir gewohnt,
Er lass' es vor Feuer und Stürmen verschont.
Wenn lauer im Frühling die Lüfte dann weh'n,
Dann giebt es ein freudiges Wiederseh'n.
Ade! Ade!
Vom Bache noch einmal trinkt Nachtigall schnell.
Ade, liebe Fluren, so singet sie hell;
Ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank,
Ich hab's euch gedanket mit schmetterndem Sang!
Nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch geh'n, —
O möget im Lenze ihr wonnig ersteh'nl
Wir Vöglein, wir können so lange nicht warten.
Gott schirme indessen den schlummernden Garten!
Ade! Ade-!
Zum Fenster noch einmal blickt's Schwälblein hinein:
Ade, liebe Kinder, geschieden muß sein!
Ich hatte mein Nest an dem Fenster gebaut,
Ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut
Und gern auf mein Zwitschern des Morgens gehört,
Ihr habet mir nimmer den Frieden zerstört.
Drum möge auch euch in Freud' und Gefahren
Der Himmel die liebenden Eltern bewahren!
Ade! Ade! - (Löweoyetn.)
22. Das Rothkehlchen.
(Xii. Musterstück von Kellner.)
Ein Rothkehlchen kam in der Strenge des Winters an das Fenster
ekles frommen Landmanns. Der grimmige Frost hatte das arme Thier-
chen dahin getrieben, und es suchte ängstlich ein warmes Plätzchen. Der
Landmann öffnete aus Mitleid freundlich sein Fenster. Da flog das
zutrauliche Thierchen in die warme Stube. Aber es bedurfte auch
der Speise und pickte daher hungrig die verstreuten Brodkrümchen auf.
Die Kinder des Landmanns liebten das Vöglein sehr; sic legten ihm
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
111
feit mit einer Eidechse, a!S mit einer Schlange, und von Giftzähner;
und Giftdrüsen ist keine Spur Int ihm zu finden. Wer also sonst
keine Schm vor solchen Thieren hat, der kann eine Blindschleiche ohne
Gefahr anfassen. Sie stellen sich übrigens, wenn man sie ergreift, sehr
unbändig an, vertheidigen sich aber fast nie durch einen Biß. Sehr
leicht bricht dabei der Schwanz ab, was in dem eigenthümlichen Baue
desselben seinen Grund hat. Er besteht näiickich aus Ringen von kurzen,
kegelförmigen, hohlen Muskeln, von denen jeder mit der Spitze in der
Höhlung des folgenden steckt. Das abgebrochene Stück bewegt sich noch
lange fort, wird aber bcm Thiere nicht w'-.'der ersetzt, wie bei den Eidechsen.
Vom Mai bis September häutet sich die Blindschleiche jeden Monat
einmal. Ihre Nahrung besteht in nackten Schnecken, Regenwürmern
und glatten Raupen. Will sie einen Regenwurm verzehren, so nähert
sie sich demselben sehr langsam, befühlt ihn meist eher mit der Zunge,
sperrt langsam den Rachen aus und ergreift ihn dann endlich. Er
windet sich aus Leibeskräften; sie wartet, bis er ziemlich abgemattet ist
und verschlingt ihn dann nach und nach, den Kopf bald links, bald
rechts legend und so mit den Zähnen vorwärts greifend. Zwei mittel-
große Negenwürmer reichen zu einer Mahlzeit hin. Die Blindschleiche
kann, wenn's sein muß, ein halbes Jahr fasten.
Die Weibchen legen gegen Ende August 8 bis 10 Eier mit dünnen
häutigen Schalen, aus denen sich das Junge sogleich herauswüidet und
daraus seine Wege geht, ohne sich weiter um seine Mutter zu bekümmern.
Da ihnen die Kälte verderblich ist, so verkriechen sie sich ni, Herbst
und halten einen Winterschlaf, aus dem sie bei gutem Wetter jedoch
schon im März wieder erwachen.
26. Die Kreuzotter.
Giftige Schlangen finden sich in unserem Vaterlande selten, so daß
die Gefahr, durch dieselben gebissen zu werden, gar nicht in Vergleich
kommt mit der in heißen Ländern. Dennoch fehlen auch diese Geschöpfe
nicht ganz, und die Vorsicht gebietet, sie lieber durch Beschreibung
kennen zu lernen und sich vor ihnen zu hüte», als es aus eine jrfuiimne
Erfahrung ankommen zu lassen. Die Kreuzotter, auch die gemeine
Viper genannt, ist die gemeinste unter den wenigen giftigen Schlaugen-
arter; Deutschlands, kenntlich an Gest ult, Farbe und Größe, denn sie
ist 30 bis 60*™ lang und fingerdick, der Kopf ist blute» breit und
durch einen dünneren Hals von dem Nmnpfe geschieden, und auf dem
Kopse sind zwei schwarze Bogen, fast wie ein lateinisches X, duber der
Name Kreuzotter. Über den graubraunen Rücken läuft ein schwarzer
Zickzackstrcifen. Sie findet sich an feuchten und waldigen Orten, zwischen
Gesträuch und Felsgerölle. besonders bäufig am thüringer Walde.
Sie sonnt sich gern an offenen Stellen auf Sternen m'.d Holzstäimnen,
und frißt Würmer, Eidechsen, kleine Vögel und besonders Mause.
Ihr Biß ist nach der Menge des ingedrungenen Giftes und nach
der Wärme der Jahreszeit rnebr oder rveniger gefährlich, und bei Ver-
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
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nachlässigung nicht selten tödtlich. Besonders sind solche Leute, welche
Reisig, Beeren rc. suchen, ihrem Bisse in Finger und Füße ausgesetzt.
Denn durch das Leder der Schuhe dringt er nicht leicht. Ist man
gebissen worden, so muß man die Wunde vorsichtig aussaugen oder
ausschneiden, mit Milch, Lauge oder Urin waschen, das gebissene Glied
unterbinden, auch kann man brennenden Schwamm oder eine glühende
Kohle darauf legen. Auf jeden Fall aber muß man so schnell als
möglich Hülfe bei einem Arzte suchen. Größere Thiere, wie Pferde,
Rinder rc. sterben selten an einem solchen Biß, sondern schwellen nur
an und kränkeln eine Zeit lang. Mäuse dagegen sterben fast augen-
blicklich. Die Kreuzotter ist furchtsam und beißt nicht ungereizt. Aber man
weiß freilich immer nicht, worüber einem solchen Thiere die Galle überläuft.
Man kann sie leicht fangen, wenn man mit den: Stiefel auf ihren Hals
tritt oder sie mit einem Gabclstocke an die Erde drückt und sie dann am
Schwänze in die Höhe hebt. Natürlich ist hierbei immer Vorsicht nöthig.
Jin Winter verkriecht sie sich in Baumhöhlen, Steinhaufen, in
Maulwurfslöcher und hält da einen Winterschlaf. Wegen der Vertil-
gung der Mäuse ist sie nützlich, doch wird man lieber andere weniger
gefährliche Mäusevertilger haben. In der That braucht aber der Mensch
sich nicht gar sehr um die Verminderung der Kreuzotter zu bemühen,
wenn er nur die Feinde derselben gewähren läßt: den Bussard, den
Storch, den Igel, selbst das Schwein. Von allen diesen wird die
sonst gefürchtete Schlange ohne Nachtheil gefressen.
27. Der Aal und dr'e Schlange
„Betrachte mich einmal,"
Sprach eine Schlange zu dem Aal;
„Bin ich nicht wunderschön?
Hast du wohl eine Haut so schön gefleckt gesehn?
Du bist zwar glatt, doch ich bin glatt und schön."
„So," fragt der Aal, „bin ich nicht schön, wie du?
Bin ich nur glatt? Wie geht's denn zu,
Frau Nachbarin,
Daß ich so wohl gelitten bin,
Da jedermann vor deiner Schönheit graut
Und, wenn er deine bunte Haut
Im Grase sieht,
Erschrickt und flieht?"
Die wunderschöne Schlange spricht:
„Man flieht! Warum? Das weiß ich nicht!"
„Ich aber weiß es," spricht der Aal;
„Auch wissen es die Leute alle:
Auswendig glänzest du; inwendig bist du Gift und Galle."
Iv. Fische.
28. Das Fifchlein
(Gleim.)
Ein klares Bächlein fließet
Durchs grüne Wiesenthal,
Darinnen schwimmen lustig
Die Fischlein allzumal.
Sie schwimmen auf und nieder
Und sind so frank und frei,
uuiu puu fiuut Uhu fiel,
Die lieben Silberfifchlein,
Rasch gleiten sie vorbetl
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
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der Länge nach ausgefurcht und mit langen Haaren versehen sind, dienen
ihnen zum Einsammeln des Vlumenstaubes. Diesen nehmen sie mit den
Kiefern von den Blumen ab, befeuchten ihn im Mund und kleben ihn
dann mit Hülfe der Vorderfüße im Fluge an die ausgefurchten Hinter-
füße. So fliegen sie bald mit rothen, bald mit gelben oder weißen
Höschen nach Hause, lassen sich von den dazu bestimmten Bienen diese
Höschen abnehmen und in Zellen legen, wo der Blumenstaub mit einigen
Tropfen Feuchtigkeit benetzt, durchknetet und von eigens hierzu bestimmten
Bienen verzehrt wird. In dem Magen dieser letzteren verwandell sich
nun der genoffene Staub in Wachs. Dieser schwitzt in feinen Tröpf-
chen durch die Ringe des Hinterleibes aus, und wird von andern Arbeits-
bienen in Empfang genommen, die es augenblicklich verarbeiten. Andere
Bienen lecken mittels des Rüffels den in den Honiggefäßen der Blüthen
befindlichen Honigsaft auf, verschlucken ihn und geben ihn zu Hause aus
dem Munde wieder von sich, um die Honigzellen damit zu füllen.
Sobald die ersten erwärmenden Sonnenstrahlen den nahenden Früh-
ling verkünden, fangen die Bienen an auszufliegen, um von Weiden- und
Haselnußsträuchern den Blüthenstaub zum Brutansetzen einzusammeln;
denn von jetzt au bis zum Spätsommer legt die sehr fruchtbare Königin
täglich an 100 — 200 Eier, und zwar in jede Zelle, die alle im regel-
mäßigen Sechseck gebauet sind, nur eins. Von der Größe und Lage
der Zellen, so wie von der Fütterung der jungen Brut hängt es dann
ab, ob Arbeitsbienen, Drohnen oder Königinnen entstehen. —
Wenn durch eine zu starke Vermehrung der Stock zu enge wird,
und zugleich mehrere junge Königinnen da sind, so wandert ein Schwarm
unter Anführung der alten Königin aus, um ein neues Reich zu bilden,
uftb man nemtt dieses das Schwärmen der Bienen. Wo die Königin
sich niederläßt, z. B. am Zweig eines nahen Baumes, da hängen sich alle
mit ausgezogenen Bienen in Form eines Kegels an, und können nur durch
vorsichttges Abschütteln in einem gereinigten Stock aufgefangen werden.
Sieh das Bienchen, das voll Emsigkeit
Aus den Blüthen seinen Honig sauget;
Sieh, es sammelt in der Frühlingszeit,
Was es einst im kalten Winter brauchet.
Willst auch du im Alter glücklich sein,
O so sammle in der Jugend Weisheit ein.
37. Die Wespen.
Was die Wohnungen der Insekten Betrifft, so weiß man nicht, wel-
che man rücksichtlich der Künstlichkeit den Vorzug geben soll, denen der
Wespen oder der Bienen oder der Ameisen. Die Wespen nämlich
verfertigen ein papierartiges Gewebe, welches sie enttveder frei aufhängen
oder in Erdhöhlen oder auch in Mauerlöchern anbringen. Diese Wespen-
nester sind mit einer Kunst angelegt, welche uns mit ihren sonst schäd-
lichen und bösartigen Bewohnern aussöhnt. Von dem gemeinschaftlichen
Eingänge kann man in Gängen von stets gleicher Weite zu jeder Zelle
gelangen, worin sich die Brut befindet. Keine Wespe stört die andre.
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rungszüge seines Onkels wieder beginnen würden. Es ging aber doch
nicht ganz so, wie sie wünschten. Denn im Jahre 1866 mußten sie es
erleben, daß die Deutschen im eigenen Hause ausräumten, ohne daß sie
mithalfen und ohne daß sie einen Vortheil davon hatten. Das erregte
ihren alten Haß und Neid, besonders gegen Preußen, welches den
großen Sieg von Königgrätz allein erfochten und durch die Gründung
des norddeutschen Bundes, sowie durch die Schutz- und Trutz-
bündnisse mit den Südstaaten, die Einigung Deutschlands so
kräftig angebahnt hatte. Schon vor dem Kriege 1866 und bald nach-
her hatte der französische Botschafter Benedetti dem norddeutschen
Bundeskanzler Grafen Bismarck wiederholt Bündnisse angetragen, in
denen es auf nichts weniger abgesehen war, als auf Abtretung alles
deutschen Landes zwischen Mosel und Rhein, oder die Erwerbung
von Luxemburg und Belgien für Frankreich. Als aber diese Ver-
suche, sich auf Kosten Deutschlands zu vergrößern, ohne Erfolg blieben,
schrieen die Franzosen: „Rache für Königgrätz!", wie sie früher ge-
schrieen hatten: „Rache für Leipzig und Waterloo!" — König
Wilhelm aber ließ sie schreien, während seine Fürsorge vor Allem
darauf gerichtet war, durch den Ausbau des norddeutschen Bundes die
Friedensarbeit und den Wohlstand des Volkes zu heben. Von den
vielen zu diesem Zwecke mit dem Reichstage vereinbarten und bereits
eingeführten Gesetzen seien hier nur genannt: die „Gewerbeordnung",
das „Strafgesetz", das „Freizügigkeitsgesetz" und das Gesetz
über einheitliches „Maß und Gewicht".
So kam der Sommer des denkwürdigen Jahres 1870. Tiefer
Friede ruhte über der Erde. Die Eisenbahnzüge füllten sich täglich
mehr mit Reisenden; Kranke eilten, Genesung suchend, hoffnungsvoll in
die Bäder. Auch das alte, weltberühmte Bad Ems an der Lahn hatte
sich durch zahlreichen Zuzug aus allen Theilen der Erde neu belebt.
Aus der Menge der Kurgäste ragte eine hohe und mächtige Gestalt
um Haupteslänge hervor: ein Greis mit silberweißem Haar und Bart,
aber jugendlich noch in seinem Schritt und in seiner ganzen Erschei-
nung. Dieser alte Herr in schwarzer Kleidung, mit dem freundlichen
Wesen war der König Wilhelm von Preußen, der alljährlich in
Ems sich einige Wochen Erholung gönnt, um sich an der sprudelnden
Heilquelle und in gesunder Bergluft zu stärken zu neuer Arbeit. Die
Bewohner des Städtchens und die Besucher desselben freuen sich jedes-
mal über seine Ankunft; Jedermann liebt ihn.
Doch nur wenige Wochen sollte dieses friedliche Stillleben dauern.
Denn „es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem
bösen Nachbar nicht gefällt." — Am 4. Juli brachten die Zeitungen
die Nachricht, daß dem Prinzen Leopold von Hohenzollern von der
spanischen Regierung die Königskrone von Spanien angetragen sei und
daß der Prinz sich zur Annahme derselben bereit erklärt habe. „Was,"
schrieen jetzt die Franzosen, „ein Hohenzoller auf Spaniens Thron?"
„Das duldet das große, das herrliche Frankreich nicht." Also schrieen
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn]]
TM Hauptwörter (200): [T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Benedetti Wilhelm Wilhelm Leopold_von_Hohenzollern Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Rhein Luxemburg Belgien Frankreich Deutschlands Leipzig Bad_Ems Spanien Spaniens Frankreich
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rund umher die Halme, als wenn es Erdbeeren wären. Es fehlte
wenig, so hätte er sie noch gegessen, bloß um mir zu zeigen, wie gut
die russischen Erdbeeren schmecken.)
„Auch Pilze sind in Rußland von allen Sorten und in großer
Menge. Man füttert bei uns die Schweine damit, doch giebt es auch
schöne Arten für die Menschen. Gras und Heu, das ist noch das ein-
zige in diesem Steppenlande, überall Gras und nichts als Gras. Und
selbst das einzige, was sie haben, wie schlecht ist es! Holzig, struppig
und den größten Theil des Jahres saftlos und vertrocknet. Bet uns
giebt's auch Gras, aber so hoch bis zu meiner Bartspitze — und was
für Gras! grünes, feines, saftiges und, süßes. Die Kühe werden ganz
fett davon und so — so dick. Seht, und in dem allen mitten darin
liegt unsere Moskwa, die prächtige und heilige Stadt, mit tausend
grünen Kirchenkuppeln und hundert silbernen(und goldenen Thurmspitzen.
O, Rußland ist gewiß das erste und beste Land weit und breit. Wenn
wir jetzt in Rußland gingen, wie würden wir schön spazieren! Bald
an einem Bache, bald in einem Gehölze, bald durch ein Dorf. Und
hier müssen wir mehrere Stunden, wie die Wachteln, schnurstracks im
Grase hinstreichen, bis wir unser Haus erreichen. Überall Gras und
Gestrüppe. Die Sonne brennt uns auf den Kopf, und kein Baum
giebt uns Schatten. Und wenn eine Wolke dort uns Regen und Wind
senden wird, haben wir keinen Hügel, hinter dem wir uns schützen.
Und wenn uns auch die Zunge am Gaumen klebt, der Boden giebt
uns auch nicht die kleinste Beere zur Erfrischung."
18. Der Kampf der Wölfe und Pferde in der
politischen Steppe.
Im Frühjahr, wo die Wölfe aus dem unwirthlichen Winter den
größten Hunger mitbringen, sind die Kämpfe zwischen Wolf und Pferd
am häufigsten und bedeutendsten. Da die Wölfe die schwächere Partei
sind, so entwickelt sich bei ihnen große List und Gewandtheit, bei den
Pferden aber ein großer und edler Gemeinsinn, der sie und ihre Kinder
gewöhnlich rettet. Daß ein oder mehrere Wölfe bei helllichtem Tage
sich in den Tabun (Pferdeheerde) machen, kommt nicht vor; sie wissen
recht wohl, daß sie da ohne Rettung verloren wären und von den Pfer-
den dem platten Rasen gleich getreten würden. Bei Nacht und unter
besonderen Umständen, wenn z. B. die Wölfe zahlreich und die Pferde
nicht zahlreich sind, geschieht es wohl, daß ein Rudel Wölfe mitten
unter den Tabun geräth, und der Kampf entwickelt sich dann so: Die
zunächst angegriffenen Pferde, welche die Wölfe rochen oder ihre leuch-
tenden Augen auf der Steppe funkeln sahen, spitzen die Ohren, brausen
und wiehern und stoßen Töne durch die Nüstern, die man durch die
Nacht weithin pfeifen hört. Auf den ersten Lärm springen sogleich alle
nahen Hengste, Walachen und Stuten — denn bei der Wolfsgefahr
macht das Geschlecht keinen Unterschied, und aller Muth ist gleich —
herbei und setzen gerade auf die Wölfe ein. Diese werden dann durch
22. Das isländische Moos.
Die Flechten überziehen in gar mannigfacher Gestalt und Farbe,
bald schön citronengelb, bald schwefelgelb, bald grün, bald grau und
schwarz, Baumrinden, alte Bretterwände, Felsen und Mauern und sind
auf ihrer Oberfläche mit kleinen Schüsselchen, Knöpfchen, Schildchen
u. s. w. bedeckt, aus denen, so wie aus den Riffen der Oberfläche
selbst, ein Staub ausgesondert wird, aus dem neue Flechten entstehen.
Darunter giebt es sehr nützliche, wie die Lackmusschildflechte, aus
der man ein Lack zum Blaufärben bereitet; vor allen aber das is-
ländische Moos, welches wohl eines der nützlichsten Gewächse in der
Welt ist. Es wächst in den ärmsten, nördlichsten Ländern, wie Is-
land, Lappland, sehr häufig und auch hin und wieder in unseren
deutschen Gebirgswaldungen und auf dürren Heideplätzen. Die
Blätterlappen, die ziemlich gerade in die Höhe stehen, sind steif, doch
biegsam, nach unten breiter, nach oben in schmale Ästchen zertheill, die
sich in noch kleineren mit zwei Spitzen enden. Die innere Fläche ist
hohl, grün und zugleich ins Röthliche fallend, glatt, außen sind sie
weißlich oder grünlich gelb. Am bittern Geschmacke, der sehr stark ist,
erkennt man aber das isländische Moos am besten. In Auszeh-
rungen und Brustkrankheiten ist es ein vorzügliches Mittel, das oft noch
Rettung verschafft. In Kratn mästet man Schweine damit; magere
Pferde und Ochsen, so wie manche kranke Schafe werden, wenn man
sie isländisches Moos fressen läßt, ganz feist davon. Die Isländer
schätzen es fast so hoch als Mehl, indem sie Brod davon backen, oder
es mit Milch gekocht genießen. Jenes arme Volk könnte in seinem so
wenig hervorbringenden Lande kaun: leben ohne das isländische Moos,
das dort alle nackten Felsen überzieht, wo sonst kein anderes Kraut
wachsen könnte, und mit Recht von dem dortigen Landmann höher geachtet
wird, als alle Bäume und Kräuter seines Landes. Wenn int Anfang,
ehe Island von Pflanzen bewachsen war, die Meereswellen, so wie sie
es jetzt daselbst noch öfters thun, von einer fernen Küstengegend einen
edlen Baum, z. B. einen guten Obstbaum und auf seiner Rinde das
unscheinbare isländische Moos, an die Jnselküste getrieben hätten, und
beide hätten reden können, da würde wohl der Baum großsprecherisch
zum kleinen Moose gesagt haben: „Da komm'ich nun, geführt von den Wellen
des Oceans, als ein künftiger Wohlthäter an diese Insel, und bald werden
meine schönen Blüthen und meine herrlichen Früchte von allen, die da wohnen,
Lob und Verehrung empfahen. Aber was willst du elendes, verächtliches
Moos? Dich wird man wegwerfen und mit Füßen treten! Das arme,
kleine Moos hätte sich dann geschämt und geschwiegen. Aber siehe! nach we-
nig Jahren hätte die Sache schon ganz anders ausgesehen. Denn der schöue
Baum, den die Einwohner von Island vielleicht mit Jubel in die Erde ge-
pflanzt hätten, kam dort nicht fort, während das von ihnen unbeachtete Moos,
das sich ungemein schnell vermehrt, genügsam sich über alle dürren Felsen
hinwegzog und den Tausenden, die dort wohnen, ihr täglich Brod gab.
Wiederholungsfragent — Zeichnen und Beschreiben! —
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